Analysis-Blog: Folge 82
Peter Becker
veröffentlicht: 17 Mar 2025, zuletzt geändert: 18 Mar 2025 17:41
Schlüsselwörter: Klausur, Analysis
Hinweise:
Tipp: Schaue Dir erstmal alle Aufgaben an.
Entscheide für jede der folgenden Reihen von (a) bis (c), ob sie
ist (mit Begründung).
$\displaystyle\sum_{n=1}^\infty \frac{3n+\log(n)}{4n^2+\sqrt{n}}$
$\displaystyle\sum_{n=1}^\infty \frac{(-1)^n}{1+\log{n}}$
$\displaystyle\sum_{n=0}^\infty \left(\frac{3+2n}{2+3n}\right)^n$
Bestimme den Konvergenzradius der folgenden Potenzreihe:
\[ \sum_{n=0}^\infty \frac{(2n)!}{(n!)^2} x^n \]
Die Reihe ist divergent, denn es gilt \[ \left|\frac{3n+\log(n)}{4n^2+\sqrt{n}}\right| \geq \frac{3n}{4n^2+n^2} = \frac{3n}{5n^2} = \frac{3}{5}\cdot \frac{1}{n}. \] Damit ist die harmonische Reihe mit dem Faktor $\frac{3}{5}$ eine Minorante. Mit dem Minorantenkriterium folgt die Divergenz.
Es gilt $\log(n) \longrightarrow \infty$ für $n\longrightarrow \infty$. Weiterhin ist $\log(n)$ streng monoton wachsend. Damit ist \[ \frac{1}{1+\log(n)} \] eine streng monoton fallende Nullfolge. Mit dem Leibnizkriterium folgt, dass die Reihe \[ \sum_{n=1}^\infty \frac{(-1)^n}{1+\log(n)} \] konvergent ist. Die Reihe ist aber nicht absolut konvergent, denn wegen \[ \left| \frac{(-1)^n}{1+\log(n)} \right| = \frac{1}{1+\log(n)} \geq \frac{1}{n} \] ist die harmonische Reihe eine Minorante.
Am einfachsten geht es mit dem Wurzelkriterium: \[ \sqrt[n]{\left|\left(\frac{3+2n}{2+3n}\right)^n\right|} = \frac{3+2n}{2+3n} \longrightarrow \frac{2}{3} < 1 \] Also ist die Reihe absolut konvergent.
Auch einfach: Majorantenkriterium mit der geometrischen Reihe als Majorante. Es gilt \[ \frac{3+2n}{2+3n} \longrightarrow \frac{2}{3}. \] Wähle $\epsilon=\frac{1}{6}$. Also existiert ein $n_0$ mit $\left|\frac{3+2n}{2+3n} - \frac{2}{3} \right| < \frac{1}{6}$ für alle $n\geq n_0$.
Damit gilt für alle $n\geq n_0$: \[ \frac{3+2n}{2+3n} \leq \frac{2}{3} + \frac{1}{6} = \frac{5}{6}. \] Somit ist die geometrische Reihe $\sum_{n=0}^\infty \left(\frac{5}{6}\right)^n$ ab $n_0$ eine Majorante.
Mit dem Quotientenkriterium muss man mehr rechnen, geht aber auch: \begin{eqnarray*} \left| \frac{ \left(\frac{3+2(n+1)}{2+3(n+1)}\right)^{n+1} }{ \left(\frac{3+2n}{2+3n}\right)^n } \right| & = & \frac{3+2(n+1)}{2+3(n+1)} \left( \frac{ \frac{3+2(n+1)}{2+3(n+1)} }{ \frac{3+2n}{2+3n} } \right)^n \\[2mm] & = & \frac{3+2(n+1)}{2+3(n+1)} \left( \frac{(3+2(n+1))(2+3n)}{(2+3(n+1))(3+2n)} \right)^n \\[2mm] & = & \frac{3+2(n+1)}{2+3(n+1)} \left( \frac{(5+2n)(2+3n)}{(5+3n)(3+2n)} \right)^n \\[2mm] & = & \frac{3+2(n+1)}{2+3(n+1)} \underbrace{\left( \frac{10+19n+6n^2}{15+19n+6n^2} \right)^n}_{\leq 1} \\[2mm] & \leq & \frac{3+2(n+1)}{2+3(n+1)} \longrightarrow \frac{2}{3} < 1 \end{eqnarray*}
Quotientenkriterium: \[ \left| \frac{ \frac{(2n+2)!}{((n+1)!)^2} x^{n+1} }{ \frac{(2n)!}{(n!)^2} x^n } \right| = \frac{ (2n+2)! (n!)^2 }{ (2n)! ((n+1)!)^2 } |x| = \frac{ (2n+2)(2n+1) }{ (n+1)^2 } |x| = \frac{4n^2 +6n + 2}{n^2 + 2n + 1} |x| \longrightarrow 4|x| \] Also: Konvergenzradius $R=\frac{1}{4}$.
Wir betrachten die Folge der Funktionen $f_n:\R\rightarrow\R$, die gegeben sind durch \[ f_n(x) = \left\{ \begin{array}{ll} 1-n|x| & \textnormal{für } -\frac{1}{n} \leq x \leq \frac{1}{n} \\ 0 & \textnormal{sonst} \end{array} \right. \]
Skizziere den Graphen von $f_n$.
Gegen welche Funktion $f$ konvergiert die Funktionenfolge $(f_n)$ punktweise? (Die Antwort muss begründet werden.)
Gib die Bedingung für die gleichmäßige Konvergenz einer Funktionenfolge $(f_n)$ gegen eine Grenzfunktion $f$ an.
Wie lautet die Negation der Bedingung aus (c)?
Zeige mit der Bedingung aus (d), dass die oben definierte Funktionenfolge $(f_n)$ nicht gleichmäßig gegen die Grenzfunktion $f$ konvergiert.
Skizze des Funktionsgraphen:
$\displaystyle f(x) = \lim_{n\rightarrow\infty} f_n(x) = \left\{ \begin{array}{ll} 1 & \textnormal{für } x = 0 \\ 0 & \textnormal{für } x \neq 0 \end{array} \right. $
Begründung:
$x=0$: Es gilt $f_n(0) = 1$ für alle $n$ und somit gilt $\lim_{n\rightarrow\infty} f_n(0) = 1$.
$x\neq 0$: Dann gilt für alle $n\geq \left|\frac{1}{x}\right|: f_n(x) = 0$ und damit $\lim_{n\rightarrow\infty} f_n(x) = 0$.
$(f_n)$ konvergiert gleichmäßig gegen eine Funktion $f$ genau dann, wenn gilt: \[ \forall \epsilon > 0\,\exists n_0 \in\N\,\forall n\geq n_0\,\forall x\in\R : |f_n(x) - f(x)| < \epsilon. \]
Die Negation lautet: \[ \exists \epsilon > 0 \, \forall n_0\in\N \, \exists n\geq n_0 \, \exists x\in\R : |f_n(x) - f(x)| \geq \epsilon \]
Wähle $\epsilon=\frac{1}{2}$. Sei $n_0$ beliebig. Wähle $n=n_0$ und $x= \frac{1}{2n_0}$. Damit gilt $x\neq 0$ und somit $f(x) = 0$. Es ergibt sich \[ |f_n(x) - f(x)| = \left|f_{n_0}\left(\frac{1}{2n_0}\right)\right| = \left|1 - n_0\cdot\frac{1}{2n_0}\right| = \left|1-\frac{1}{2}\right| = \frac{1}{2} \geq \epsilon. \]
Es sei $f:\R\rightarrow\R$ mit \[ f(x) = \left\{ \begin{array}{ll} a\,\e^{-3x^2} & \textnormal{für } x\geq 0 \\ 2x + b & \textnormal{für } x < 0 \end{array} \right. \] Für welche $a,b\in\R$ ist $f$ stetig auf $\R$?
Ist die Funktion $f$ aus (a) in $x_0=0$ differenzierbar (mit Begründung)?
Die Funktion $f(x)=a\,\e^{-3x^2}$ ist stetig für $x > 0$, die Funktion $f(x)=2x+b$ ist stetig für $x < 0$, also ist $f(x)$ auf jeden Fall stetig auf $\R\setminus\{0\}$.
Damit $f(x)$ stetig in $x_0=0$ ist, müssen der links- und rechtsseitige Funktionsgrenzwert in $x_0$ übereinstimmen, d. h. es muss \[ \lim_{x\searrow 0} f(x) = \lim_{x\nearrow 0} f(x) \] gelten. Es gilt \[ \lim_{x\searrow 0} f(x) = \lim_{x\searrow 0} a\,\e^{-3x^2} = a \cdot \lim_{x\searrow 0} \e^{-3x^2} = a\cdot \e^0 = a \] und \[ \lim_{x\nearrow 0} f(x) = \lim_{x\nearrow 0} 2x + b = 2\cdot 0 + b = b \] Also ist $f(x)$ genau dann auf $\R$ stetig, wenn $a=b$ gilt.
Für $x\geq 0$ gilt $f'(x) = -6x\,a \e^{-3x^2}$ und damit für die rechtsseitige Ableitung $f'(0+) = 0$.
Für $x < 0$ gilt $f'(x) = 2$ und damit für die linksseitige Ableitung $f'(0-) = 2$.
Also gilt immer $f'(0+) \neq f'(0-)$. Damit ist die Funktion in $x_0=0$ nicht differenzierbar.
$f$ ist stetig (Polynom). Es gilt $f(0) = 5 > 0$ und $f(-1) = -\frac{1}{3} - 3 -12 + 5 < 0$. Also hat $f$ nach dem Zwischenwertsatz mindestens eine Nullstelle.
Weiterhin gilt: \begin{eqnarray*} f'(x) & = & x^2 -6x + 12 \\ & = & (x^2 -6x + 9) + 3 \\ & = & (x-3)^2 + 3 > 0 \end{eqnarray*} Also ist $f$ streng monoton steigend und hat damit höchstens eine Nullstelle.
Aus mindestens eine Nullstelle und höchstens eine Nullstelle folgt genau eine Nullstelle.
Bestimme für (a) und (b) die Grenzwerte:
\[ \lim_{x\rightarrow 0} \frac{x}{\sin(2x)} \]
\[ \lim_{x\rightarrow 0} \frac{\cosh(2x) -1}{x^3 + 5x^2} \]
Es sei $f(x) = x\e^{ax}$ mit $a\neq 0$. Zeige:
Wir nutzen einmal die Regel von l'Hospital: \begin{eqnarray*} \lim_{x\rightarrow 0} \frac{x}{\sin(2x)} & = & \lim_{x\rightarrow 0} \frac{1}{2\cos(2x)} \\ & = & \frac{1}{2\cos(0)} \\ & = & \frac{1}{2} \end{eqnarray*}
Hier müssen wir die Regel von l'Hospital zweimal anwenden: \begin{eqnarray*} \lim_{x\rightarrow 0} \frac{\cosh(2x) -1}{x^3 + 5x^2} & = & \lim_{x\rightarrow 0} \frac{2\sinh(2x)}{3x^2+10x} \\ & = & \lim_{x\rightarrow 0} \frac{4\cosh(2x)}{6x+10} \\ & = & \frac{4\cosh(0)}{10} \\ & = & \frac{4}{10} = \frac{2}{5} \end{eqnarray*}
Wir beweisen die Formel mit vollständiger Induktion.
$n=0$: \[ f^{(0)}(x) = f(x) = x\e^{ax} = (a^0x+0\cdot a^{0-1}) \e^{ax} \] $n\rightarrow n+1$: \begin{eqnarray*} f^{(n+1)}(x) & = & \left(f^{(n)}(x)\right)' \\ & = & \left( (a^nx+na^{n-1})\e^{ax} \right)' \\ & = & a^n \e^{ax} + (a^nx+na^{n-1})\cdot a\cdot \e^{ax} \\ & = & a^n \e^{ax} + (a^{n+1}x+na^n)\e^{ax} \\ & = & (a^n + a^{n+1}x + na^n)\e^{ax} \\ & = & (a^{n+1}x + (n+1)a^n) \e^{ax} \end{eqnarray*}
Zitiere den Mittelwertsatz.
Es gelte $a < b$ und $f,g:[a,b]\rightarrow\R$ seien zwei auf $[a,b]$ differenzierbare Funktionen.
Zeige: Aus $f(a)\leq g(a)$ und $f'(x)\leq g'(x)$ für alle $x\in[a,b]$ folgt $f(x)\leq g(x)$ für alle $x\in[a,b]$.
Zeige, dass die Funktion \[ f(x) = \frac{1}{4}x^4 - 4x^3 + 30 x^2 -6x + 2 \] streng konvex ist.
Sei $a < b$ und $f:[a,b]\rightarrow\R$ eine auf $[a,b]$ stetige und auf $(a,b)$ differenzierbare Funktion.
Dann existiert ein $\xi \in (a,b)$ mit \[ f'(\xi) = \frac{f(b)-f(a)}{b-a}. \]
Am einfachsten geht es mithilfe der Monotonie:
Wir definieren $h(x):=f(x)-g(x)$. Damit folgt nach Voraussetzung $h(a) = f(a) - g(a) \leq 0$.
Da $f$ und $g$ differenzierbar sind, ist auch $h$ differenzierbar und es gilt $h'(x)\leq 0$ (wegen $f'(x)\leq g'(x)$). Damit ist $h(x)$ monoton fallend.
Wenn $h(x)$ monoton fallend ist, folgt $h(x) \leq h(a) \leq 0$ für alle $x\in[a,b]$.
Aus $h(x)=f(x)-g(x)\leq 0$ folgt $f(x)\leq g(x)$ für alle $x\in[a,b]$.
Beweis direkt mithilfe des Mittelwertsatzes:
Wir definieren $h(x):=f(x)-g(x)$. Damit folgt nach Voraussetzung $h(a) = f(a) - g(a) \leq 0$.
Da $f$ und $g$ differenzierbar sind, ist auch $h$ differenzierbar und es gilt $h'(x)\leq 0$ (wegen $f'(x)\leq g'(x)$).
Mit dem Mittelwertsatz folgt für ein beliebiges $x\in[a,b]$: \[ h(x) - h(a) = h'(\xi) (x-a) \] und damit \[ h(x) = \underbrace{h(a)}_{\leq 0} + \underbrace{h'(\xi)}_{\leq 0}\underbrace{(x-a)}_{>0} \leq 0. \] Aus $h(x)=f(x)-g(x)\leq 0$ folgt $f(x)\leq g(x)$ für alle $x\in[a,b]$.
Wenn $f''(x) > 0$ gilt, dann ist $f$ streng konvex. Also berechnen wir die zweite Ableitung. \[ f'(x) = x^3 -12 x^2 + 60 x - 6 \] \begin{eqnarray*} f''(x) & = & 3x^2 - 24 x + 60 \\ & = & 3(x^2 - 8x + 20) \\ & = & 3\left( (x-4)^2 + 4 \right) > 0 \end{eqnarray*}
Ermittle eine Stammfunktion:
Berechne die folgenden Integrale:
\[ \int x^2 \cos(x)\,dx \] Partielle Integration: $g(x) = x^2 \Rightarrow g'(x) = 2x, f'(x) = \cos(x) \Rightarrow f(x) = \sin(x)$ \[ = x^2 \sin(x) - 2 \int x \sin(x) \, dx \] Nochmals partielle Integration: $g(x) = x \Rightarrow g'(x) = 1, f'(x) = \sin(x) \Rightarrow f(x) = -\cos(x)$ \begin{eqnarray*} & = & x^2 \sin(x) - 2 \left( -x\cos(x) + \int \cos(x)\,dx \right) \\ & = & x^2 \sin(x) - 2 \left( -x\cos(x) + \sin(x) \right) \\ & = & x^2 \sin(x) + 2x\cos(x) - 2\sin(x) + c \end{eqnarray*}
Wir ermitteln zunächst eine Stammfunktion \[ \int x\sin(1+x^2)\,dx = \frac{1}{2} \int 2x\sin(1+x^2)\,dx \] Substitution: $f(x)=\sin(x) \Rightarrow F(x) = -\cos(x), g(x) = 1+x^2\Rightarrow g'(x) = 2x$ \[ = -\frac{1}{2}\cos(1+x^2) + c \] Damit ergibt sich \[ \int_{-1}^1 x\sin(1+x^2)\,dx = \left. -\frac{1}{2}\cos(1+x^2) \right|_{x=-1}^{x=1} = -\frac{1}{2}\cos(2) - \left(-\frac{1}{2}\cos(2)\right) = 0. \]
Wir nutzen die Definition des uneigentlichen Integrals. Die Uneigentlichkeit entsteht durch die rechte (obere) Grenze: \begin{eqnarray*} \int_0^\infty \e^{-\alpha x + \beta}\,dx & = & \lim_{t\rightarrow\infty} \int_0^t \e^{-\alpha x + \beta}\,dx \\ & = & \lim_{t\rightarrow\infty} \left. -\frac{1}{\alpha}\e^{-\alpha x + \beta}\right|_{x=0}^{x=t} \\ & = & \lim_{t\rightarrow\infty} -\frac{1}{\alpha}\e^{-\alpha t + \beta} + \frac{1}{\alpha} \e^\beta \\ & = & \frac{1}{\alpha} \lim_{t\rightarrow\infty} \left( \e^\beta - \underbrace{\e^{-\alpha t + \beta}}_{\longrightarrow 0}\right) \\ & = & \frac{\e^\beta}{\alpha}. \end{eqnarray*}