Analysis-Blog: Folge 8
Peter Becker
veröffentlicht: 20 Mar 2024, zuletzt geändert: 10 Mar 2025 15:09
Schlüsselwörter: Fakultät, Binomialkoeffizient, Binomischer Lehrsatz, Bernoullische Ungleichung, Betrag, Dreiecksungleichung, normierter Körper, umgekehrte Dreiecksungleichung, Betragsungleichung
Eine weitere Blog-Folge, die nur Übungen und die zugehörigen Musterlösungen enthält. Ideal, um deine Kenntnisse zu normierten Körpern zu vertiefen.
Wir starten mit einer Übung zu Binomialkoeffizienten. Nutze die bekannten Eigenschaften von Binomialkoeffizienten aus!
Berechne die folgenden Binomialkoeffizienten:
$\displaystyle\binom{6}{2}$
$\displaystyle\binom{7}{3}$
$\displaystyle\binom{9}{8}$
$\displaystyle\binom{17}{15}$
$\displaystyle\binom{10}{5}$
$\displaystyle\binom{n+1}{n-1}$
Wir nutzen die Defintion. \[ \binom{6}{2} = \frac{6 \cdot 5}{1\cdot 2} = \frac{30}{2} = 15 \]
Auch hier nutzen wir wieder die Definition. \[ \binom{7}{3} = \frac{7\cdot 6\cdot 5}{1\cdot 2\cdot 3} = 7\cdot 5 = 35 \]
Hier bietet es sich an, die Symmetrie der Binomialkoeffizienten zu nutzen. \[ \binom{9}{8} = \binom{9}{1} = 9 \]
Auch hier erleichtert uns die Symmetrie die Berechnung. \[ \binom{17}{15} = \binom{17}{2} = \frac{17\cdot 16}{1\cdot 2} = 17\cdot 8 = 136 \]
Nach der Definition fassen wir geschickt zusammen und kürzen. \[ \binom{10}{5} = \frac{10\cdot 9\cdot 8 \cdot 7\cdot 6}{1\cdot 2\cdot 3\cdot 4\cdot 5} = \frac{480 \cdot 9 \cdot 7}{120} = 4 \cdot 9 \cdot 7 = 252 \]
Mit der Symmetrie erhalten wir eine einfache Formel. \[ \binom{n+1}{n-1} = \binom{n+1}{2} = \frac{(n+1)n}{1\cdot 2} = \frac{n(n+1)}{2} \]
Thema der nächsten Übung ist der binomische Lehrsatz. Überlege auch, ob Du mit Termumformungen die Berechnung vereinfachen kannst.
Stelle die folgenden Terme als Polynom in der Form $a_n x^n + a_{n-1} x^{n-1} + \cdots + a_1 x + a_0$ dar!
$(x+7)^3$
$(2x-1)^5$
$(x-1)^4(x+1)^4$
$(x-2)^2(x-2)^3$
Hier wenden wir einfach den binomischen Lehrsatz an. \begin{eqnarray*} (x+7)^3 & = & \binom{3}{0} x^3 7^0 + \binom{3}{1} x^2 7^1 + \binom{3}{2} x^1 7^2 + \binom{3}{3} x^0 7^3 \\[3mm] & = & x^3 + 21 x^2 + 147 x + 343 \end{eqnarray*}
Auch hier können wir den Term mit dem binomischen Lehrsatz direkt auswerten. \begin{eqnarray*} (2x-1)^5 & = & \binom{5}{0} 2^5x^5(-1)^0 + \binom{5}{1} 2^4x^4(-1)^1 + \binom{5}{2} 2^3 x^3 (-1)^2 + \\ & & \quad\quad \binom{5}{3} 2^2 x^2 (-1)^3 + \binom{5}{4} 2^1 x^1 (-1)^4 + \binom{5}{5} 2^0 x^0 (-1)^5 \\[3mm] & = & 32 x^5 - 80 x^4 + 80 x^3 - 40 x^2 + 10x - 1 \end{eqnarray*}
Vor der Anwendung des binomischen Lehrsatzes fassen wir die beiden Potenzen zusammen und wenden die dritte binomische Formel an. \begin{eqnarray*} (x-1)^4(x+1)^4 & = & ((x-1)(x+1))^4 \\ & = & (x^2-1)^4 \\ & = & \binom{4}{0} \left(x^2\right)^4 (-1)^0 + \binom{4}{1} \left(x^2\right)^3 (-1)^1 + \binom{4}{2} \left(x^2\right)^2 (-1)^2 \\ & & \quad\quad + \binom{4}{3} \left(x^2\right)^1 (-1)^3 + \binom{4}{4} \left(x^2\right)^0 (-1)^4 \\[3mm] & = & x^8 - 4 x^6 + 6 x^4 - 4 x^2 + 1 \end{eqnarray*}
Auch hier fassen wir erst die beiden Potenzen zusammen. \begin{eqnarray*} (x-2)^2(x-2)^3 & = & (x-2)^5 \\ & = & \binom{5}{0}x^5 (-2)^0 + \binom{5}{1}x^4(-2)^1 + \binom{5}{2}x^3(-2)^2 \\ & & \quad\quad + \binom{5}{3} x^2 (-2)^3 + \binom{5}{4} x^1 (-2)^4 + \binom{5}{5} x^0 (-2)^5 \\[3mm] & = & x^5 - 10x^4 + 40 x^3 - 80x^2 + 80 x - 32 \end{eqnarray*}
Auch bei der nächsten Übung spielt der binomische Lehrsatz eine entscheidende Rolle. Hinweis: Überlege Dir, wie Du jeweils die rechte Seite der Gleichung anders schreiben kannst, um den binomischen Lehrsatz anwenden zu können.
Zeige:
Für $n\in\N_0$ gilt: \[ \sum_{k=0}^n \binom{n}{k} = 2^n. \]
Für $n\in\N$ gilt: \[ \sum_{k=0}^n (-1)^k \binom{n}{k} = 0. \]
\[ 2^n = (1+1)^n = \sum_{k=0}^n \binom{n}{k} 1^{n-k} 1^k = \sum_{k=0}^n \binom{n}{k} \]
\[ 0 = 0^n = (1+(-1))^n = \sum_{k=0}^n \binom{n}{k} 1^{n-k} (-1)^k = \sum_{k=0}^n (-1)^k \binom{n}{k} \]
In der nächsten Übung sollst Du eine Verallgemeinerung der Dreiecksungleichung beweisen. Hierzu bietet sich die vollständige Induktion an.
Zeige die verallgemeinerte Dreiecksungleichung: Für alle $n\in\N$ und $a_k \in \R, 1\leq k\leq n$ gilt \[ \left| \sum_{k=1}^n a_k \right| \leq \sum_{k=1}^n |a_k|. \]
Wir beweisen die Aussage mit vollständiger Induktion.
$n=1$: \[ \left| \sum_{k=1}^1 a_k \right| = |a_1| = \sum_{k=1}^1 |a_k|. \] Für $n=2$ entspricht die Aussage der normalen Dreiecksungleichung.
$n \rightarrow n+1$: \[ \left| \sum_{k=1}^{n+1} a_k \right| \\ = \left| a_{n+1} + \sum_{k=1}^n a_k \right| \] Jetzt wenden wir die normale Dreiecksungleichung an. \[ \leq |a_{n+1}| + \left|\sum_{k=1}^n a_k \right| \] Für den rechten Summanden gilt die Induktionsvoraussetzung. \[ \leq |a_{n+1}| + \sum_{k=1}^n |a_k| \] Jetzt müssen wir nur noch $|a_{n+1}|$ mit in die Summe aufnehmen. \[ = \sum_{k=1}^{n+1} |a_k|. \]
Bevor man eine Aussage beweist, sollte man sich stets genau vor Augen führen, was in solch einer Aussage steckt. Veranschauliche die Aussage von Übung 5 anhand einer Skizze bevor Du mit dem Beweis beginnst.
Zeige: Für alle $a,x,y\in\R$ und $\epsilon > 0$ gilt \[ |a -x| < \epsilon \wedge |a-y| < \epsilon \Rightarrow |x-y| < 2\epsilon. \]
Seien $a,x,y,\epsilon\in\R$ mit $\epsilon > 0$ beliebig und es gelte $|a -x| < \epsilon$ und $|a-y| < \epsilon$. Dann gilt: \begin{eqnarray*} & & |x-y| \\ & = & |x + ((-a) + a) - y| \\ & = & | (x-a) + (a-y)| \\ & \leq & |x-a| + |a-y| \\ & = & |a-x| + |a-y| \\ & < & \epsilon + \epsilon \\ & = & 2\epsilon. \end{eqnarray*} Erläuterung: In Zeile 2 erweitern wir den Term um $(-a) + a = 0$. Eine andere Klammersetzung (Assoziativgesetz) ergibt Zeile 3. Anschließend wenden wir die Dreiecksungleichung an (Zeile 4). Nach der simplen Termunformung in Zeile 5 können wir die gegebene Voraussetzung anwenden.
Bei Betragsungleichungen können Fallunterscheidungen sehr hilfreich sein.
Bestimme jeweils die Lösungsmenge der folgenden Betragsungleichungen!
$|5x - 3| < 2$
$|6x + 2| \geq -1$
$2 + |2x + 3| < 5$
$||x - 3| - 5| \leq 4$
Wir unterscheiden die beiden Fälle $5x-3\geq 0$ und $5x-3 < 0$, denn je nachdem welcher Fall vorliegt, ist der Betrag anders definiert.
Zunächst gilt: \[ 5x - 3 \geq 0 \Leftrightarrow 5x \geq 3 \Leftrightarrow x \geq \frac{3}{5}. \]
1. Fall: $x \geq \frac{3}{5}$
Für diesen Fall gilt: \begin{eqnarray*} |5x-3| < 2 & \Leftrightarrow & 5x - 3 < 2 \\ & \Leftrightarrow & 5x < 5 \\ & \Leftrightarrow & x < 1. \end{eqnarray*} Damit ist \[ {\cal L}_1 = \left\{x\left|\frac{3}{5} \leq x < 1\right.\right\} \] die Lösungsmenge für den ersten Fall.
2. Fall: $x < \frac{3}{5}$
Für diesen Fall gilt: \begin{eqnarray*} |5x-3| < 2 & \Leftrightarrow & -(5x-3) < 2 \\ & \Leftrightarrow & 3 - 5x < 2 \\ & \Leftrightarrow & 1 < 5x \\ & \Leftrightarrow & x > \frac{1}{5}. \end{eqnarray*} Damit ist \[ {\cal L}_2 = \left\{x\left|\frac{1}{5} < x < \frac{3}{5}\right.\right\} \] die Lösungsmenge für den zweiten Fall.
Die Gesamtlösungsmenge $\cal L$ ist damit \[ {\cal L} = {\cal L}_1 \cup {\cal L}_2 = \left\{x\left| \frac{1}{5} < x < 1\right.\right\}. \]
Gemäß Betragseigenschaften gilt stets $|6x+2|\geq 0$ und somit insbesondere $|6x+2|\geq -1$. Somit erfüllt jedes $x\in\R$ diese Ungleichung. Also: ${\cal L} = \R$.
Zunächst gilt \[ 2 + |2x+3| < 5 \Leftrightarrow |2x+3| < 3 \] Damit haben wir eine Ungleichung wie in (i) und lösen diese mittels Fallunterscheidung.
Es gilt \[ 2x+3 \geq 0 \Leftrightarrow x \geq -\frac{3}{2}. \] Also unterscheiden wir $x \geq -\frac{3}{2}$ und $x < -\frac{3}{2}$.
1. Fall: $x \geq -\frac{3}{2}$
Für diesen Fall gilt: \begin{eqnarray*} |2x+3| < 3 & \Leftrightarrow & 2x + 3 < 3 \\ & \Leftrightarrow & 2x < 0 \\ & \Leftrightarrow & x < 0. \end{eqnarray*} Damit ist \[ {\cal L}_1 = \left\{ x\left| -\frac{3}{2} \leq x < 0\right.\right\} \] die Lösungsmenge für den ersten Fall.
2. Fall: $x < -\frac{3}{2}$
Für diesen Fall gilt: \begin{eqnarray*} |2x+3| < 3 & \Leftrightarrow & -(2x+3) < 3 \\ & \Leftrightarrow & -2x - 3 < 3 \\ & \Leftrightarrow & 2x > -6 \\ & \Leftrightarrow & x > -3. \end{eqnarray*} Damit ist \[ {\cal L}_2 = \left\{ x\left| -3 < x < -\frac{3}{2}\right.\right\} \] die Lösungsmenge für den zweiten Fall.
Für die Gesamtlösungsmenge $\cal L$ gilt somit \[ {\cal L} = {\cal L}_1 \cup {\cal L}_2 = \left\{x \left| -3 < x < 0 \right.\right\}. \]
Hier haben wir einen Betrag innerhalb eines Betrags. Wir machen eine Fallunterscheidung für den inneren Betrag $|x-3|$.
1. Fall: $x\geq 3$
Für diesen Fall gilt: \begin{eqnarray*} ||x-3|-5| \leq 4 & \Leftrightarrow & |x-3-5| \leq 4 \\ & \Leftrightarrow & |x-8| \leq 4 \\ & \Leftrightarrow & |8 - x| \leq 4. \end{eqnarray*} Als Lösung erhalten wir alle reellen Zahlen $x$, die von $8$ einen Abstand haben, der nicht größer als $4$ ist. Also: \[ {\cal L}_1 = \{ x | 4 \leq x \leq 12 \}. \]
2. Fall: $x < 3$
Für diesen Fall gilt: \begin{eqnarray*} ||x-3|-5| \leq 4 & \Leftrightarrow & |-(x-3)-5| \leq 4 \\ & \Leftrightarrow & |-x-2| \leq 4 \\ & \Leftrightarrow & |x+2| \leq 4 \\ & \Leftrightarrow & |x-(-2)| \leq 4 \\ \end{eqnarray*} Als Lösung erhalten wir alle reellen Zahlen $x$, die von $-2$ einen Abstand haben, der nicht größer als $4$ ist. Also: \[ {\cal L}_2 = \{x | -6 \leq x \leq 2 \}. \]
Die Gesamtlösungsmenge ist damit \[ {\cal L} = {\cal L}_1 \cup {\cal L}_2 = \{x| -6 \leq x \leq 2 \vee 4 \leq x \leq 12 \}. \]
Auch für die nächste Übung sind Fallunterscheidungen der richtige Weg.
Zeige: Für alle $x,y\in\R$ gilt:
\[ \max(\{x,y\}) = \frac{x+y+|y-x|}{2} \]
\[ \min(\{x,y\}) = \frac{x+y-|y-x|}{2} \]
Wir lösen die Aufgabe durch Fallunterscheidung.
1. Fall: $y \geq x$
Dann gilt $\max(\{x,y\}) = y$ und $|y-x| = y - x$ und somit \[ \frac{x+y+|y-x|}{2} = \frac{x+y+(y-x)}{2} = \frac{2y}{2} = y = \max(\{x,y\}). \]
2. Fall: $y < x$
Dann gilt $\max(\{x,y\}) = x$ und $|y-x| = x - y$ und somit \[ \frac{x+y+|y-x|}{2} = \frac{x+y+(x-y)}{2} = \frac{2x}{2} = x = \max(\{x,y\}). \]
Analog zu (i).
Mit welcher Ungleichung kannst Du Potenzen abschätzen?
Welche Zahl ist größer: $1.01^{100}$ oder $2$? Beweise Deine Antwort!
Wir nutzen die Bernoullische Ungleichung. Mit ihr folgt \[ 1.01^{100} = \left(1+\frac{1}{100}\right)^{100} \geq 1 + 100\cdot\frac{1}{100} = 1 + 1 = 2. \] Damit ist $1.01^{100}$ zumindest nicht kleiner als $2$.
Mit dem Binomischen Lehrsatz können wir aber auch leicht zeigen, dass $1.01^{100} > 2$ gilt. \begin{eqnarray*} 1.01^{100} & = & \left(1+\frac{1}{100}\right)^{100} \\ & = & \sum_{k=0}^{100} \binom{100}{k} 1^{100-k} \left(\frac{1}{100}\right)^k \\ & = & 1 + 100\cdot \frac{1}{100} + \sum_{k=2}^{100} \underbrace{\binom{100}{k} \frac{1}{100^k}}_{> 0} \\ & > & 2. \end{eqnarray*}
Die verbleibenden Übungen behandeln den Begriff der Fakultät. Denke dabei auch stets über mögliche Umformungen nach.
Bestimme die Lösung für die folgenden Gleichung in $n$: \[ \frac{n!}{6!} = 7! \]
Finde jeweils die Lösung für $n$:
Berechne: \[ \frac{100!}{98!+99!} \]